Schiller-Preis (Preußen)

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Der Schiller-Preis, auch „Preußischer Schillerpreis“, „Großer Schillerpreis“ oder „Staats-Schillerpreis“ genannt, wurde 1859 gestiftet und wäre 1914 zum letzten Mal turnusgemäß verliehen worden. Mit dem Untergang des Deutschen Kaiserreichs im November 1918 verlor der Preis seine Grundlage.

Geschichte des Preises

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Anlässlich des 100. Geburtstages des Dichters und Dramatikers Friedrich Schiller am 10. November 1859 stiftete Prinzregent Wilhelm von Preußen (der nachmalige Kaiser Wilhelm I.) „für das beste in dem Zeitraum von je drei Jahren hervorgetretene Werk der Deutschen (sic) dramatischen Dichtkunst einen Preis von Eintausend Thalern Gold nebst einer goldenen Denkmünze zum Werte von Einhundert Thalern Gold“. Die Mittel stammten aus der Privatschatulle des Prinzregenten bzw. späteren Kaisers.

Für die Bestimmung des bzw. der Preisträger wurde jeweils eine Kommission einberufen, deren Entscheidung der Stifter – seit 1888 war dies der Amtsnachfolger Wilhelm II. – zustimmte oder nicht, wie etwa zweimal im Falle Gerhart Hauptmanns (1896 für Hanneles Himmelfahrt und 1899 für Die versunkene Glocke); denn, so der Kaiser in einer Rede vom 18. Dezember 1901: „Eine Kunst, die sich über die von Mir (sic) bezeichneten Gesetze und Schranken hinwegsetzt, ist keine Kunst mehr, sie ist Fabrikarbeit, ist Gewerbe, und das darf die Kunst nie werden. Mit dem viel mißbrauchten Worte ‚Freiheit‘ und unter seiner Flagge verfällt man oft in Grenzenlosigkeit, Schrankenlosigkeit, Selbstüberhebung.“[1]

Die Auszeichnung von Hermann Sudermanns vielbeachtetem und -diskutiertem Drama Die Ehre (1889), das Paul Heyse als Mitglied der Preiskommission vorgeschlagen hatte, scheiterte an der konservativen Haltung eines Großteils der Kommission; nach langwierigen Auseinandersetzungen und dem Rückgriff auf einen Notparagraphen, der gegebenenfalls auch nichtdramatische Werke für die Auszeichnung vorsah, erhielten 1890 Theodor Fontane und Klaus Groth den Preis für ihre schriftstellerische Gesamtleistung.[2]

Durch Patent Kaiser Wilhelms II. vom 10. November 1901 wurden die Bestimmungen dahingehend abgeändert, dass der Preis fortan nur alle sechs Jahre, dafür aber in doppelter Höhe zu vergeben und dass die dramatische Produktion der jeweils letzten zwölf Jahre zu berücksichtigen sei. Obwohl Dramen ernsten Charakters, die sich dem klassischen Stil Schillers annähern, in erster Linie zu berücksichtigen seien, dürften auch andere poetische Erzeugnisse von hervorragender Bedeutung gewürdigt werden.[3]

„Der volle Preis (einschließlich Denkmünze) wurde in der vierundfünfzigjährigen Geschichte des Preises überhaupt nur sechsmal verliehen; fast ebensooft, nämlich fünfmal, gelangte die aus Universitätsprofessoren und Hoftheaterintendanten zusammengesetzte Kommission zur Einschätzung, daß gar kein Preis zu verleihen sei. In anderen Fällen begnügte man sich mit der Zuerkennung der Geldsumme an einen oder – wenn die letzte(n) Runde(n) negativ verlaufen war(en) – zwei bzw. drei Kandidaten.“

Peter Sprengel[4]

Als dezidierte Opposition gegen die kaiserliche Willkür[5] bei den (Nicht-)Verleihungen des Schiller-Preises – acht turnusgemäßen Verleihungen standen neun Nichtverleihungen gegenüber, siehe Preisträgerliste – wurde 1902 auf Initiative des zwei Jahre zuvor gegründeten Berliner Goethe-Bundes der Volks-Schillerpreis gestiftet.

Begriffsklärungsseite Schiller-Preis

  • Hanna Leitgeb: Der Schiller-Preis (Abschnitt des Kapitels „Literarische Auszeichnungen in der Neuzeit“). In: Der ausgezeichnete Autor. Städtische Literaturpreise und Kulturpolitik in Deutschland 1926–1971. Walter de Gruyter, Berlin u. New York 1994, S. 21–24 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Wolfgang Sowa: Der Staat und das Drama. Der Preußische Schillerpreis 1859–1918. Eine Untersuchung zum literarischen Leben im Königreich Preußen und im Deutschen Kaiserreich. Lang, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-8204-8781-6.
  • Peter Sprengel: Stiftbriefkopien. Preisintention. Qualität (Abschnitt des Kapitels „Die Schmach dieser bauernfeldpreisgekrönten Zeit“). In: Klaus Amann, Hubert Lengauer, Karl Wagner (Hrsg.): Literarisches Leben in Österreich 1848–1890. Böhlau, Wien 2000, S. 265–268 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Jürgen von Ungern-Sternberg, Wolfgang von Ungern-Sternberg: Der Aufruf ‚An die Kulturwelt!‘. Das Manifest der 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1996, S. 32 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Ernst von Wildenbruch: Die neue Verordnung über den Schillerpreis. Ein sachliches und persönliches Wort (1901). In: Gesammelte Werke, Bd. 16, S. 211–222 (Digitalisat im Internet Archive).
Wikisource: Schiller-Preis – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. zitiert nach: Was ist Kunst? In: Die Zeit № 25 vom 22. Juni 1962.
  2. Du, mein Dämon, meine Schlange … Briefe an Richard Huch 1887–1897. Wallstein Verlag, Göttingen 1998, S. 677 (Kommentar zu den Seiten 129–131; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Schillerpreis. In: Kürschners deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1903, Spalte 55/56 (Digitalisat bei Google Books).
  4. zitiert nach Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1870–1900. Von der Reichsgründung bis zur Jahrhundertwende. C. H. Beck, München 1998, S. 141 (Abschnitt „Literaturpreise“; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Die Zahl der Nichtvergabe des Preises (5) steht hier im Widerspruch zu der von Hanna Leitgeb erhobenen bzw. der Preisträgerliste (9).
  5. Hanna Leitgeb: Der ausgezeichnete Autor. Städtische Literaturpreise und Kulturpolitik in Deutschland 1926–1971. Walter de Gruyter, Berlin u. New York 1994, S. 24.
  6. Karl Fiedler: Der deutsche Schiller-Preis. In: Die Gartenlaube, Heft 45/1879, S. 751–752 (Volltext bei Wikisource).
  7. 1881, 1887, 1899 und 1914 nicht vergeben lt. Robert Franz Arnold et al. (Hrsg.): Das deutsche Drama. Beck, München 1925, Zeittafel S. 839–841 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. zur Preisverleihung 1890 siehe Fritz Mauthner: Bemerkungen zum Schillerpreis. In: Das Magazin für Litteratur № 18 vom 2. Mai 1891, S. 283–285 (Digitalisat im Internet Archive).
  9. 1893 nicht vergeben lt. Wilhelm Dilthey: Briefwechsel. Band II: 1882–1895. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, S. 448, Anm. 1 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).